Deutschland erlebt im Breitensport derzeit eine außergewöhnlich starke Wachstumsphase. Der Deutsche Olympische Sportbund meldete zuletzt rund 29,3 Millionen Mitgliedschaften, was einen neuen Höchststand darstellt und den Trend zu mehr Bewegung und Vereinsbindung klar sichtbar macht. Hinter dieser nationalen Entwicklung stehen zahlreiche kleine Vereine, die sich in den vergangenen zwei Jahren bemerkenswert weiterentwickelt haben. Einige von ihnen ragen besonders hervor, weil sie sich trotz begrenzter Ressourcen zu echten regionalen Anziehungspunkten entwickelt haben.

Diese Vereine unterscheiden sich hinsichtlich Sportart, Struktur und Standort. Gemein ist ihnen jedoch eine Reihe strategischer Entscheidungen, die sie in kurzer Zeit zu überdurchschnittlichem Wachstum geführt haben. An der Spitze steht der Tennisclub TC Grün Weiß Dingolfing, der auf fast eintausend Mitglieder angewachsen ist. Aber auch VSSG Sudershausen, TSV Bulach, KSG Zeitz und SV Großgräfendorf zeigen, wie rasch sich kleine Vereine entwickeln können, wenn sie konsequent auf moderne Konzepte und eine klare Zielgruppenansprache setzen.

TC Grün Weiß Dingolfing: Ein Nachwuchsmodell mit Signalwirkung

Unter allen betrachteten Vereinen verzeichnete TC Grün Weiß Dingolfing das stärkste Mitgliederwachstum in absoluten Zahlen. Der Bayerische Tennisverband zeichnete ihn 2024 als „Verein des Jahres“ aus, vor allem aufgrund seines bemerkenswerten Zuwachses. Statt sich nach dieser Auszeichnung zurückzulehnen, verstärkte sich die Dynamik weiter. Anfang 2025 erreichte der Verein rund 937 Mitglieder, wobei etwa die Hälfte davon aus Kleinkindern und Kindern besteht, was für einen Tennisverein ungewöhnlich ist.

Der Erfolg beruht auf mehreren Faktoren: einer engen Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten und Schulen, einer professionell strukturierten Tennisschule und einer familienfreundlichen Vereinsatmosphäre, die für hohe Bindungsraten sorgt. Medienberichte nach der Auszeichnung verstärkten zusätzlich die Sichtbarkeit des Vereins.

VSSG Sudershausen: Ein Dorfverein mit städtischen Dimensionen

Ein anderes, ebenso eindrucksvolles Beispiel ist VSSG Sudershausen in Niedersachsen. In einem Dorf mit nur rund 499 Einwohnerinnen und Einwohnern erreichte der Verein zuletzt 784 Mitglieder. Die Mitgliederzahl übersteigt damit die Einwohnerzahl deutlich und zählt zu den außergewöhnlichsten Konstellationen im deutschen Vereinswesen.

Die Erklärung liegt in einer breiten sportlichen Ausrichtung, die nahezu alle Altersgruppen erreicht und den Verein zum sozialen Mittelpunkt der Region macht. Veranstaltungen, Kursangebote und eine starke Identifikation mit dem Ort führen dazu, dass Familien häufig geschlossen in den Verein eintreten. Das Wachstum beruht hier weniger auf einzelnen Leuchtturmprojekten, sondern auf langfristiger Gemeinschaftsorientierung.

TSV Bulach: Wachstum durch moderne Outdoor Fitness

TSV Bulach aus Karlsruhe zeigt, wie ein kleiner Stadtteilverein durch moderne Infrastruktur neue Zielgruppen erreichen kann. Die Errichtung eines Outdoor Fitness Parks mit Calisthenics Bereichen und funktionalem Training führte zu gesteigerter Sichtbarkeit und hoher Besucherfrequenz. Die Anlage ist großzügig zugänglich, was besonders für junge Menschen attraktiv ist, die flexible Trainingsformen bevorzugen. Mit einem Kinder- und Jugendanteil von 41 Prozent hat der Verein eine erfolgreiche Neupositionierung vollzogen.

KSG Zeitz: Vereinswachstum durch soziale Verantwortung

KSG Zeitz in Sachsen Anhalt setzte stark auf soziale Projekte. Nach pandemiebedingten Rückgängen wurden über dreißig Onlineangebote eingeführt und eine aktive Mitgliederkampagne gestartet, die etwa einhundert neue Mitglieder einbrachte. Heute zählt der Verein über vierhundert Mitglieder und ist einer der größten Sportvereine seiner Stadt. Die Auszeichnung als „Verein des Monats“ im Jahr 2025 unterstreicht den Stellenwert seiner Integrations- und Präventionsarbeit.

SV Großgräfendorf: Jugendförderung als Kernstrategie

SV Großgräfendorf im Saalekreis hat sich durch eine kompromisslos auf die Jugend ausgerichtete Vereinsstrategie etabliert. Mit über vierhundert Mitgliedern, von denen die Mehrheit Kinder und Jugendliche sind, ist der Verein ein zentraler Bestandteil des lokalen Gemeinschaftslebens. Eigene Turniere, Feste und umfassende Nachwuchsarbeit sorgten dafür, dass der Verein 2024 als „Verein des Monats“ ausgezeichnet wurde.

Gemeinsame Erfolgsfaktoren

Beim Vergleich aller fünf Vereine zeigt sich deutlich, dass bestimmte Prinzipien für das Wachstum besonders wichtig sind. Dazu gehören eine starke Kinder- und Familienorientierung, die Entwicklung sichtbarer Leuchtturmprojekte, professionelle Vereinsstrukturen und eine klare Kommunikation. Moderne, niedrigschwellige Angebote wie Outdoor Fitness oder hybride Trainingsmodelle sprechen zusätzlich Zielgruppen an, die klassische Sportvereine sonst selten in Betracht ziehen würden.

Typische Maßnahmen der wachstumsstärksten Vereine sind unter anderem:.

  • Kooperationen mit Schulen und Kitas zur frühzeitigen Mitgliedergewinnung
  • Ausbau moderner Sportanlagen wie Outdoor Fitness Parks
  • Aktive Öffentlichkeitsarbeit und Nutzung von Auszeichnungen zur Imagebildung
  • Familienfreundliche Vereinsstrukturen mit klaren Ansprechpartnern
  • Breite sportliche Angebote, die mehrere Generationen gleichzeitig binden

Fazit

Die am stärksten wachsenden kleinen Sportvereine Deutschlands sind keine zufälligen Erfolgsgeschichten. Sie wachsen, weil sie sich konsequent an den Bedürfnissen ihrer Gemeinschaft orientieren, moderne Trainings- und Vereinskonzepte einführen und gleichzeitig ihre Identität als lokale Begegnungsorte pflegen. TC Grün Weiß Dingolfing führt in absoluten Zahlen, während Sudershausen, Bulach, Zeitz und Großgräfendorf zeigen, dass große Entwicklung in jedem Umfeld möglich ist, wenn ein Verein Mut zur Modernisierung beweist und Familien aktiv einbindet. Diese Beispiele verdeutlichen, wie stark und innovativ der deutsche Breitensport derzeit aufgestellt ist.